Haushaltsführungsschaden

(Erwerbsschaden und vermehrte Bedürfnisse)

Einen Unfall mit dauernden Verletzungsfolgen zu erleiden, daran will keiner denken. Tragisch ist, wenn es einen doch getroffen hat. Noch tragischer ist allerdings, wenn man dafür nicht den vollen Schadensersatz bekommt, weil man manche Schadensposition gar nicht geltend gemacht hat.

Häufig vergessen wird der so genannte Haushaltsführungsschaden oder er wird nicht in vollem Umfange geltend gemacht. Mit Haushaltsführungsschaden wird der Schaden bezeichnet, der dadurch entsteht, dass man infolge der Verletzung nicht mehr in der Lage ist, die im Haushalt anfallenden Tätigkeiten selbst zu verrichten, etwa dass man nicht mehr selbst kochen kann, nicht mehr die Wohnung sauber machen oder dass man sich nicht mehr selbst waschen oder anziehen kann. Hat man deshalb eine Haushaltshilfe eingestellt oder wird man gar in einem Heim gepflegt, kann man das Gehalt und die sonstigen Kosten der Haushaltshilfe von dem Schädiger oder dessen Versicherung zurückfordern oder die Kosten der Heimunterbringung.

Meistens sorgen aber erst einmal die Verwandten oder der Lebenspartner für den Verletzten. Selbst manche Rechtsanwälte glauben, dass dafür der Schädiger oder die Versicherung nichts zahlen müssen. Das ist falsch. Denn für die Arbeit der Verwandten oder eines Lebenspartners kann der Verletzte die Kosten geltend machen, die er für eine Haushaltshilfe bezahlen müsste, würde er eine Haushaltshilfe einstellen. Die Verwandten oder der Lebenspartner helfen nur aus Gefälligkeit. Die Gefälligkeit erbringen sie aber zugunsten des Verletzten, nicht zugunsten des Schädigers. Der Schädiger muss also die fiktiven Kosten einer Haushaltshilfe ersetzen. Das ist mindestens der Nettolohn einer vergleichbaren gegen Bezahlung eingesetzten Haushaltshilfe. In der Regel werden Kosten von 8 bis 10 Euro in der Stunde anerkannt.

Vergessen oder nur unzureichend geltend gemacht wird der Haushaltsführungsschaden deshalb, weil dafür zwei verschiedenen Anspruchsgrundlagen in Frage kommen. Denn zum einen kann der Haushaltsführungsschaden Erwerbsschaden, also Verdienstausfall sein, zum anderen kann er zu den verletzungsbedingt vermehrten Bedürfnissen gehören, also Mehraufwand sein, für die der Schädiger ebenfalls einzustehen hat.

Verdienstausfall ist, wie der Name sagt, der entgangene Verdienst, also der Verdienst, den man nicht mehr erzielen kann, weil man seine Arbeitskraft nicht mehr einsetzen kann. Hat man Lohn oder Gehalt bezogen und kann man nun infolge der Verletzung nicht mehr arbeiten, dann muss der Schädiger Lohn und Gehalt, also den ausgefallenen Verdienst ersetzen. Die im Haushalt verrichteten Tätigkeiten sind aber auch Arbeit. Kann der Verletzte diese Arbeit nicht mehr verrichten, dann bekommt er dafür ebenfalls Verdienstausfall, auch wenn er bislang dafür kein Lohn oder kein Gehalt bekommen hat. Den Verlust der Arbeitskraft muss der Schädiger bei einer Hausfrau oder einem Hausmann also genauso ausgleichen wie bei einem Berufstätigen. Wenn also eine Hausfrau oder ein Hausmann nicht mehr arbeiten kann und gepflegt werden muss, so bekommt die Hausfrau oder der Hausmann den fiktiven Verdienst ersetzt. Denn die im Haushalt tätige Person kann ja nun nicht mehr arbeiten, ihre Tätigkeit muss durch die anderen Familienmitglieder erledigt werden. Aber auch wenn ein Berufstätiger im Haushalt mithilft, dann bekommt er für die Haushaltsarbeit, die er nun nicht mehr verrichten kann, Verdienstausfall. Das leuchtet ein, wenn etwa von beiden Ehepartnern jeder voll berufstätig ist und beide daher die anfallende Haushaltsarbeit erledigen, dann erhält der Ehepartner, der seinen Teil der Haushalts nicht mehr erledigen kann, dafür Verdienstausfall.

Zum Verdienstausfall gehört allerdings nur der Teil der Hausarbeit, die der Verletzte zugunsten seiner Angehörigen erbracht hat. Muss die Hausfrau oder der Hausmann von den anderen Familienmitgliedern gepflegt werden oder kann er auch nur teilweise nicht mehr für sich selbst sorgen und müssen ihm die Familienangehörigen deshalb helfen, so gehört dieser Teil des Haushaltsführungsschadens nicht mehr zum Verdienstausfall. Denn diesen Teil der Haushaltsarbeit hat der Verletzte nicht für andere, sondern für sich selbst erbracht. Dafür ist ihm kein Verdienst entgangen.

Man spricht daher von Mehraufwand, den der Verletzte zu tragen hat. Das Gesetz nennt das vermehrte Bedürfnisse. Vermehrte Bedürfnisse sind alle die Bedürfnisse, die der Verletzte dadurch hat, dass er infolge der Verletzungen manches nicht mehr tun kann, also in seinen Fähigkeiten behindert ist, und diese verletzungsbedingten Folgen durch zusätzliche Hilfen ausgleichen muss. Diesen Mehraufwand hat der Schädiger zu ersetzen. Der Schädiger muss also dann das fiktive Gehalt einer Haushaltshilfe bezahlen, wenn die Angehörigen den Verletzten im Haushalt mitversorgen, in waschen, anziehen, ihn zu Freunden oder Verwandten fahren oder ins Krankenhaus oder zum Arzt. Zu den vermehrten Bedürfnissen gehört alles, was der Verletze braucht, um möglichst wie ein Nichtbehinderter zu leben, wie Schreib- und Lesehilfen, besondere Kleidung oder Schuhe, ein behindertengerechtes Fahrzeug bis hin zum behindertengerechten Umbau der Wohnung.

Hat man schwere Verletzungen erlitten, die eine vorübergehende oder dauernde Behinderung zur Folge haben, dann darf man den Haushaltführungsschaden nicht vergessen oder ihn nicht zu gering bewerten. Die Versicherung, die den Schaden ersetzen muss, wird keinen Verletzten freiwillig auf vergessene Schadenspositionen aufmerksam machen oder freiwillig mehr zahlen, wenn der Geschädigte zu wenig gefordert hat. Im Gegenteil wird sie in der Regel versuchen, berechtigte Schadensforderungen möglichst klein zu reden. Daher ist es wichtig, dass Sie sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, der sich von den Argumenten der Versicherung nicht abschrecken lässt, sondern der sich für Sie einsetzt. Übrigens muss die Versicherung auch die Rechtsanwaltskosten ersetzen, die auf den dann tatsächlich gezahlten Schaden anfallen. Selbst wenn Sie keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, dann sollten Sie sich zumindest einmal beraten lassen. Ein erstes Beratungsgespräch ist im Vergleich zu dem erlittenen Schaden meist nicht teuer.

 

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